22.06.2012

Zivilgesellschaft bringt viel

Speed-Dating: Reflexion in schneller Runde

Engagement und Führungskompetenz lernen

Ohne Ehrenamt und Engagement gäbe es Einrichtungen wie das Kinder-Hospiz Sternenbrücke oder die Wedeler Tafel nicht. Wie Zivilgesellschaft funktioniert haben 70 Studierende der Fachhochschule Wedel am 20. Juni 2012 bei dem Workshop Driver or Passenger? im Gemeindezentrum St. Johannes in Rissen erfahren. Und dabei über ihre eigene Rolle als Bürger, Studierende und zukünftige Fach- und Führungskräfte nachgedacht.

Die Zivilgesellschaft ist eine immense dritte Ressource. Weltweit gab es 2007 nach Angaben der Politischen Bildungszentrale über 7.500 Nichtregierungsorganisationen. Ohne diese und ohne engagierte Bürger würde politisches, kulturelles und soziales Leben nicht funktionieren. “Man muss keine große Masse sein. Auch als Einzelner kann man Impulse setzen und Gutes für die Gesellschaft bewirken“ erkennt Christoph Kröger, 25 Jahre, Student der Wirtschaftsinformatik.

Die Bedeutung von Engagement und Zivilgesellschaft haben die angehenden Informatiker, Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler der FH Wedel bei einer von sechs Exkursionen zu gemeinnützigen Einrichtungen erfahren: Beim Kinder-Hospiz Sternenbrücke haben im letzten Jahr beispielsweise 84 der 154 Mitarbeiter ehrenamtlich 12.000 Stunden gearbeitet. Das entspricht dem Arbeitspensum von fast sechs Vollzeitstellen jährlich.

Zeit und Kraft für Menschen

Auch die Wedeler Tafel gäbe es ohne das freiwillige Engagement von Bürgern nicht. Einmal in der Woche kommen rund 30 engagierte Wedeler in das Gebäude der alten Bücherei der Stadt, um Tüten mit Brot, Obst und Gemüse für bedürftige Menschen zu packen. Christian Dominka, im 2. Semester der BWL ist tief beeindruckt: „Ich finde es toll, wenn Menschen ihre Zeit und Kraft aufbringen, um bei der Wedeler Tafel zu helfen.“

Foto: Christoph Kröger, Anna-Lena Neumann und Sinan Cinkaya am Projekttag Driver or Passenger?

Sinan Cinkaya, 20 Jahre, Student des Wirtschaftsingenieurswesens, hat die Pflegeinrichtung Viapallia in Wedel besucht. Der Gründer Bodo Lindemann hatte beim Aufbau des Zentrums gegen viele Widerstände zu kämpfen. Cinkaya zeigt sich tief beeindruckt von der Hartnäckigkeit und Überzeugung des Gründers für die gute Sache und sagt dazu: „Diese Geschichte hat mir den Ansporn gegeben, immer weiter zu kämpfen; egal wie schwierig etwas ist.“

Verantwortungsvoll Führen lernen

Nachmittags haben die Studierenden engagierte Führungspersönlichkeiten der Wirtschaft und Politik getroffen und über ihre eigene Verantwortung und Rolle in der Gesellschaft und als zukünftige Fach- und Führungskräfte reflektiert. Mit dabei waren beispielsweise die kulturpolitische Sprecherin der Hamburger Grünen Christa Goetsch, der Bezirksleiter von Eimsbüttel Dr. Torsten Sevecke und der ehemalige schleswig-holsteinische Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Dr. Werner Marnette.

Prof. Dr. Stefan Weber, Dozent an der FH Wedel und Vorsitzender des WHB, hatte den Projekttag für Studierende initiiert. Durchgeführt wurde der Tag in Kooperation mit Common Purpose. Seit über 20 Jahren veranstaltet diese Leadership-Trainings für Führungskräfte aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Mit der FH Wedel hat sie deutschlandweit zum ersten Mal einen solchen Workshop für Studierende organisiert. Weber zu seiner Motivation für das Projekt: „Die Studierenden sollten heute erfahren, dass jeder in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen kann. Wenn sie dieses Wissen in die Unternehmen tragen, ist das eine gute Basis für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung.“

Was einen guten Chef ausmacht

Erfahren haben die Studierenden, dass sich gute Führungspersönlichkeiten dadurch auszeichnen, dass sie über den Tellerrand blicken, ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiter haben und diese entsprechend ihrer Fähigkeit in den Berufsalltag integrieren. Für Peer Gent, im Vorstand des Kinder-Hospiz Sternenbrücke, gehört auch dazu, persönlich auf seine Mitarbeiter einzugehen und ihnen das Leben mit Familie und Beruf zu erleichtern. „Wenn man seinen Mitarbeitern Zugeständnisse macht, bekommt man das in vielfacher Weise zurück,“ weiß Peer Gent. Nicht zuletzt lernt man all diese Kompetenzen durch gesellschaftliches Engagement und im Umgang mit Menschen.

Foto: Was haben Synchronschwimmer und Astronauten mit einem guten Chef zu tun?

Nach diesem Tag steht fest: Die Eindrücke werden das Bewusstsein der Studierenden und die Lern- und Arbeitsatmosphäre der Hochschule beeinflussen. Prof. Dr. Harms, Präsident der Fachhochschule, dazu: „Das Konzept Lernen durch Engagement werden wir weiterverfolgen. Studierende der Informatik beispielsweise könnten zukünftig in Studierenden-Projekten ihr IT-Know-how für den guten Zweck, die Zivilgesellschaft und das Gemeinwohl einsetzen.“